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Jetzt also doch: beA startet (zumindest technisch)

10:41

Die Freude war groß auf dem hiesigen Anwaltsmarkt: Nach jahre-, gefühlt sogar jahrzehntelangem Gezerre hat die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) das „zukunftsweisende Kommunikationssystem“ des „besonderen elektronischen Anwaltspostfachs“ (beA) am Montag in Betrieb genommen. „Endlich“, denkt die BRAK. „Zu früh“, sagen wir.

Achterbahn der Gefühle

Das besondere elektronische Anwaltspostfach sorgt seit jeher für Schweißausbrüche (bei den Verantwortlichen), hohen Blutdruck (bei vielen kommenden Nutzern) und eine Achterbahn der Gefühle (bei allen Beteiligten).

Das mit der Achterbahn haben wir hier im Blog schon durchexerziert: Im August waren wir uns noch sicher, dass beA eine unendliche Anwaltsgeschichte ist. Rund einen Monat später setzten wir dank der frisch verabschiedeten „Rechtsanwaltsverzeichnis- und -postfachverordnung“ die Jubelmeldung „Das beA kommt wirklich“ ab; nur um einen Tag später mit dem Update „Wir waren zu optimistisch“ einen Gang runterzuschalten…

„Technischer Fortschritt hält Einzug in Rechtswesen“

Aber jetzt wird wirklich alles gut, schließlich hat die Bundesrechtsanwaltskammer am Montag in der 17. Pressemeldung des laufenden Jahres getitelt: Besonderes elektronisches Anwaltspostfach: Endlich geht’s los!

Ursächlich für diesen Schritt ist der AGH Berlin, der drei Tage zuvor am 25. 11.2016 zwei einstweilige Anordnungen aufhob, die die Inbetriebnahme des beA bislang verhinderten. „Wir sind sehr froh, dass alle rechtlichen Hindernisse nun aus dem Weg geräumt werden konnten“, so Kammerpräsident Ekkehart Schäfer direkt im ersten Absatz der PM.

Welche Bedeutung der Start für die Kammer und das gesamte Anwaltswesen überhaupt hat, resümiert er im letzten Absatz:

„Wir sind stolz, dass wir diesen so wichtigen Baustein für den elektronischen Rechtsverkehr jetzt auf den Weg gebracht haben. Endlich kann nun der notwendige technische Fortschritt in das Rechtswesen Einzug halten.“

Man spürt bei diesen Worten richtig, wie Schäfer gedanklich das Tuch wegwirft, mit dem er sich lange Zeit die metaphorischen Schweißperlen von der Stirn wischen musste.

Hoher Blutdruck garantiert

Eine erste Fassung des Blogtextes hatten wir schon am Montag fertig – wollten aufgrund der bisherigen Erfahrungen aber erst einmal selbst ein, zwei Blicke riskieren. Um zumindest bei der Installation/Inbetriebnahme die vermeidbaren Risiken, nun ja, zu vermeiden, haben wir auf die praktische Anleitung von RA Schwartmann zurückgegriffen.

Sind alle Hürden genommen und gehört man als Nutzer zu dem 1% der Anwaltschaft, die das beA ruckelfrei zum Laufen bekommt… dann setzt der wahre Horror erst richtig ein. Kanzleien mit klassischen Papierakten dürfen sich über die Einarbeitungspflicht in eine neue, nicht ganz einfache Software freuen. Modern aufgestellte Kanzleien mit ausschließlich elektronischen Akten freuen sich, dass das besondere elektronische Anwaltspostfach einbruchs- und sonstwas-sicher programmiert ist. Die Verbindung mit externer Standardsoftware wie Outlook, Word, Advoware & Co.? Nicht vorgesehen, beA-Post kann nicht automatisch in bestehende Systeme übertragen werden.

Speichern einer E-Mail? Geht als Zip-Datei mit einer zusätzlichen „PKCS #7“-Signatur, erfordert bei der Einbindung in elektronische Akten aber immer Zusatzschritte. Copy and Paste? Wenn sich der Mauszeiger in ein rotes Warnsignal ändert, sollte das nicht möglich sein – ist es aber.

Wir sind gespannt, wann der technische Fortschritt wirklich Einzug hält. Bis zum Pflichtstart am 1. Januar 2018 ist ja noch ein Jahr Zeit.