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Wichtig bei Erbstreit mit ungewisser Dauer: Honorare richtig vereinbaren

08:50

In wenigen Tagen findet in Berlin der 11. Erbrechtstag des Deutschen Anwaltvereins statt. Wir haben das zum Anlass genommen, das Thema Honorarvereinbarung aus der Perspektive von Erbrechtsanwälten zu betrachten. Gerade bei komplexen oder langwierigen Fällen kommt es darauf, auch während eines laufenden Verfahrens ein faires Honorar zu erhalten. Schließlich gibt es zahlreiche prominente Beispiele für langjährige Erbstreitigkeiten, z.B. Ende der 1990er Jahre bei der Gebäckfirma Bahlsen oder von 2002 bis 2008 im Springer-Konzern.

Drei mögliche Gründe für RVG-Abweichungen

Der geringste Aufwand entsteht, wenn sich Anwalt und Mandant einig sind, die Vergütung nach Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) zu berechnen.

Es gibt aber mindestens drei mögliche Gründe, von diesem Verfahren abzuweichen:

  1. Wenn das gesetzliche Honorar nicht den Arbeitsaufwand und die Bürokosten deckt,
  2. wenn das gesetzliche Honorar kalkulatorisch zu einem astronomisch hohen Stundensatz führt oder
  3. wenn bei Übernahme des Mandats die Höhe des Gegenstandswerts und des daraus resultierenden Honorars unklar sind.

Speziell die ersten beiden Punkte sind jedoch vom Fingerspitzengefühl bzw. dem Verhältnis zum Mandanten abhängig. Bewegt sich das sonstige Honorarvolumen in angemessener Höhe, so kann ein geringes Honorar im Einzelfall eine sinnvolle strategische Entscheidung sein.

Bei der Vielfalt möglicher Mandanten und speziell vor dem Hintergrund langwieriger Erbrechtsfälle ergeben sich fünf praktische Tipps für das Honorarmanagement von Anwälte.

Tipp 1: Formerfordernis auf den Mandanten abstimmen

Die größtmögliche Rechtssicherheit bietet immer die eigenhändige Unterschrift des Mandanten. Abhängig vom Bauchgefühl (oder den Vorerfahrungen) ist dies auch ausdrücklich zu empfehlen, um den Mandanten psychologisch fest an die getroffene Abmachung zu binden.

Rein rechtlich wird die Formerfordernis aber niedrig gehalten, es gilt die Textform im Sinne des § 126b BGB. Der Gesetzgeber hat hier dem Wunsch der Praxis entsprochen, den Abschluss von Vergütungsvereinbarungen auch per Telefax zu ermöglichen. Vor allem wenn große Entfernungen im Spiel sind, beispielsweise weil einer der Erben im außereuropäischen Ausland sitzt und kurzfristig einen Anwalt vor Ort beauftragen muss, bietet sich dieser Weg an.

Allerdings dürfte die Fax-Option eher von Unternehmern gezogen werden, denn von Privatpersonen. Zum Glück macht die Regelung in § 126b BGB aber auch den Abschluss durch neuere Technologien möglich, z.B. per E-Mail oder sonstiger elektronischer Nachricht. Dennoch muss die Textform abgeschlossen sein. Es genügt bereits eine eingescannte Unterschrift – und sogar eine Grußformel oder bloße Datierung.

Tipp 2: Vergütungsgrenzen individuell betrachten

Nach § 4 RVG sind erfolgsunabhängige Vergütungsvereinbarungen gestattet. Bei außergerichtlichen Angelegenheiten können Vergütungsvereinbarungen jedoch zu Gebühren führen, die unterhalb des gesetzlichen Niveaus liegen. Dumpinghonorare sollten zwingend vermieden werden. Dies gilt, wenn das vereinbarte Honorar und Leistung, Verantwortung sowie Haftungsrisiko in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen.

Vergütungen oberhalb des RVG sind fast immer möglich, bieten aber auch eine große Angriffsfläche für Streit. Hinsichtlich der Höhe des Stundensatzes und des zu erwartenden Zeitaufwandes ist im Auge zu behalten, dass die vereinbarte Vergütung nicht unangemessen hoch im Sinne des § 3a Absatz 2 RVG sein darf. Als Faustformel kann das Fünffache der gesetzlichen Gebühren als immer noch angemessen betrachtet werden.

Sofern Einigkeit besteht, können Honorare dennoch deutlich über dieser Grenze vereinbart werden. Die letzte Grenze zieht hier § 138 BGB, eine eher subjektive Vorschrift über sittenwidrige Rechtsgeschäfte und Wucher. Während die Ausnutzung einer Zwangslage noch vergleichsweise eindeutig ist, korreliert der Wuchertatbestand mit dem Vermögen der Mandanten: Was bei einem Top-Manager oder einer mittelständischen Unternehmerfamilie noch gerichtsfest akzeptiert wird, kann bei einem Rentner oder einfachen Angestellten als Wucher angesehen werden.

Tipp 3: Stundenhonorar minutengenau protokollieren

Ein sehr häufiger Fall der Vergütungsvereinbarung ist die Stundenhonorarvereinbarung. Häufig werden Zeittaktklauseln verwendet. Hier ist Vorsicht geboten, denn der Bundesgerichtshof hat den Streit um die 15-Minutentaktung nicht entschieden. Es empfiehlt sich daher eine minutengenaue Berechnung zu vereinbaren bzw. vorzunehmen. Dann kann nicht der Vorwurf gemacht werden, dass viele kleine Arbeitsschritte ein hohes Honorar auslösen.

Die minutengenaue Taktung macht zwar eine genaue Dokumentation erforderlich, aber man sollte immer im Auge behalten, dass es während oder nach Abschluss des Mandates Streit um die berechnete Stundenvergütung geben kann. Aus diesem Grund sollte man sich ohnehin angewöhnen, jeden getätigten Arbeitsaufwand zeitlich und inhaltlich genau zu dokumentieren. Diese Dokumentation kann in einem Gebührenprozess genutzt werden, um die entfaltete Tätigkeit genau darzulegen und dem Vortrag somit die ausreichende Substanz zu verleihen.

Tipp 4: Zwischenzeitlich Rechnungen schreiben

Dieser Tipp basiert weniger auf der geltenden Rechtsprechung als vielmehr auf unseren Erfahrungen als Verrechnungsstelle. Außenstände können sich im anwaltlichen Alltag schnell mal zu einem Volumen von zwei bis drei Monatsumsätzen summieren, während die laufenden Rechnungen selbstverständlich zeitnah ausgeglichen werden müssen.

Gerade bei komplexen Erbrechtsfällen mit voraussichtlicher Dauer von mehr als einem halben Jahr sollte unbedingt eine Vereinbarung zu Zwischenrechnungen getroffen werden – idealerweise auf Quartalsbasis.

Tipp 5: Fachveranstaltungen besuchen

Hier spielen wir über Bande, weil sich auf Fachveranstaltungen selten Programmpunkte explizit zu dem Thema Honorarmanagement finden. Gleichwohl berichten Referenten zu aktuellen Entwicklungen oder beleuchten (auf den ersten Blick) nichtjuristische Aspekte. Beides hilft, die Punkte 1 bis 4 besser abschätzen zu können.

Beim 11. Deutschen Erbrechtstag Mitte März betrifft dies beispielsweise die Auftaktveranstaltung, bei der es um „Neues vom Erbschleicher“ geht – u.a. mit einem Blick auf verfahrensrechtliche Besonderheiten. Auch der Vortrag „Prozessuale Besonderheiten im Erbprozess“ am Schlusstag dürfte zu einem relevanten Informationsgewinn führen.

Sachliche Vorschriften der Honorarvereinbarung
Die Voraussetzungen einer wirksamen Vergütungsvereinbarung regelt § 3a Absatz 1 RVG. Danach bedarf die Vereinbarung der Textform, muss als „Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise“ bezeichnet sein, muss von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung deutlich abgesetzt sein und darf nicht in der Vollmacht enthalten sein. Sie muss außerdem einen Hinweis darauf enthalten, dass Dritte regelmäßig nur die gesetzlichen Gebühren zu erstatten haben.

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