Zum Inhalt Zum Hauptmenü

Kanzleimanagement: rechtssicheres Outsourcing bei Anwälten

10:34

Sind Rechtsanwälte wirklich zu jeder Zeit selbstständig und völlig unabhängig? In der Praxis dürfte die Zahl völlig autark agierender Kanzleien faktisch bei Null liegen – Outsourcing von Tätigkeiten außerhalb der Kernkompetenz ist eine Tatsache. Das ist praktisch, führt aber auch zu gewissen Risiken, denn Dienstleister erhalten direkt oder indirekt Zugriff auf vertrauliche Informationen. Schon die Offenlegung eines Mandatsverhältnisses gehört dazu.

Dienstleister für jeden Sachverhalt

Es sind sowohl pragmatische als auch ökonomische Überlegungen, die im Kanzleialltag von Rechtsanwälten zu Outsourcing führen. Je nach Aufgabengebiet sind externe Dienstleister deutlich schneller unterwegs, technisch besser ausgestattet und können auch im Krankheitsfall eine hohe Versorgungssicherheit garantieren. Oder die notwendige Leistung muss so selten eingekauft werden, dass die individuelle Auslagerung günstiger als eigene Angestellte ist.

Der fast schon klassische Fall ist hier der IT-Dienstleister. Das Segment entwickelt sich in allen Bereichen – Hardware, Software, Datenschutz und Datensicherheit – so schnell weiter, dass externes Fachpersonal seit Jahren in Kanzleien etabliert ist. Ebenfalls lange anerkannt sind Reinigungsfirmen. Im Gegensatz zum durchschnittlichen Comuterfachmann kehren sie permanent in die Kanzlei zurück, je nach Aufwand zwischen einmal und mehrfach pro Woche.

Ähnliches gilt für Spezialisten, die sich um Aktenvernichtung kümmern. Hier werden sensible Informationen direkt an Außenstehende abgegeben. Und Schreib- und Übersetzungsbüros, die gelegentlich eingeschaltet werden, erhalten aufgrund ihrer Funktion zwangsweise einen sehr direkten Zugriff auf sensible Details.

„Sozialadäquat“ als berufsrechtlicher Fallschirm

In einem zweiseitigen Interview mit Christian Dahns, Mitglied der Geschäftsführung der BRAK , hat die Neue Juristische Wochenschrift unter der Überschrift „Die große Unsicherheit beim Outsourcing“ noch einmal für die rechtlichen Aspekte des Themas sensibilisiert (NJW-aktuell 22/2016, 12f). Die Kernforderung von Dahns an den Gesetzgeber ist, „für Rechtssicherheit zu sorgen und verbleibende Strafbarkeitsrisiken für ein unstreitig sozialadäquates Verhalten der Anwaltschaft auszuschließen“. Dies gelte auch vor dem Hintergrund, dass es – „soweit ersichtlich“ – bislang noch keine aufsichtsrechtlichen bzw. anwaltsgerichtlichen Verfahren wegen Verletzung der Schweigepflicht gegeben habe. Und diese Verletzungen fangen bekanntlich früh an, schon bei der Offenlegung eines Mandatsverhältnisses zwischen Mandant und Kanzlei.

Verschwiegenheitsvereinbarungen sieht Dahns jedenfalls nicht als ausreichenden Schutz an: Ein Dienstleister ist nicht unmittelbar in die Kanzleiorganisation eines Rechtsanwalts eingebunden und könne nach der herrschenden Rechtsauffassung daher nicht vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen. Sicherheit in berufsrechtlicher Sicht habe dagegen die Reform des § 2 BORA mit sich gebracht, weil beispielsweise externe Reinigungskräfte und IT-Spezialisten als „sozialadäquat“ gebilligt werden. Gleichwohl gebe es noch Unsicherheiten, wo die Grenze für „sozialadäquat“ verlaufe. Wenn rund 4 % der Kanzleien auf ein Call Center setzen, könne in einem solchen Fall nicht mehr von einer Üblichkeit ausgegangen werden.

Honorarabwicklung als Spezialfall

Ein anderes Beispiel für eine vergleichsweise niedrige Verbreitung sind Dienstleister im Bereich Abrechnung und (Vor-)Finanzierung von Honoraren. Während Ärzte schon seit Jahrzehnten auf Verrechnungsstellen setzen, ist dieser Service bei Anwälten noch am Anfang. Dies hat zwei Gründe:

  1. Aufsichtsrecht: Wer hierzulande regelmäßig Forderungen finanziert und ankauft, muss als Finanzdienstleistungsinstitut zugelassen sein. Die Kontrolle und Freigabe obliegt der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) gemeinschaftlich mit der Bundesbank, die näheren Details regelt das Kreditwesengesetz.
  2. Berufsrecht: Die Verschwiegenheitspflicht der Anwälte gibt zwingend den Rahmen vor, an wen Honorarforderungen abgegeben werden dürfen. Die konkrete Einschränkung findet sich in § 49, Absatz 4, Satz 1 BRAO: „Die Abtretung von Vergütungsforderungen oder die Übertragung ihrer Einziehung an Rechtsanwälte oder rechtsanwaltliche Berufsausübungsgemeinschaften (§ 59a) ist zulässig.“ Alternativ muss für das sogenannte offene Verfahren von jedem Mandanten eine Einverständniserklärung eingeholt werden.

Als Pionier im Bereich der Verrechnungsstellen für Anwälte erfüllt die Gesellschaft hinter der AnwVS seit vielen Jahren beide Vorgaben. Insofern verwundert es nicht, dass Dahns dieses Thema im Interview nicht angeschnitten hat. Schließlich herrscht hier Rechtssicherheit und inhaltlich drehten sich die Fragen der NJW um Outsourcing in Fällen der Unsicherheit.