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Schutzpatron der Anwälte (1): Ivo Hélory von Kermartin

08:10

Üblicherweise agieren Anwälte als Schutzpatrone ihrer Mandanten. Aber was ist, wenn sie selbst Beistand benötigen? Bei irdischen Fälle hilft ein Kollege aus, in allen anderen ein Schutzheiliger – die katholische Heiligenlehre bietet breite Auswahl. In einer losen Serie stellen wir fünf Heilige vor, zum Auftakt den Franzosen Ivo Hélory von Kermartin.

Ivo Hélory: Schutzheiliger aus gutem Grund

Der reichhaltige Heiligenkanon der katholischen Kirche bietet für fast jede Berufsgruppe gleich mehrere Schutzpatrone an, auch für Rechtsanwälte. Keiner dürfte mit seinem Lebenslauf und seinen Taten so nah an der Zielgruppe sein wie Ivo Hélory  (Oktober 1253 bis 19. Mai 1303), der auch für Juristen, Richter und Notare sowie in Prozessen zuständig ist.

Sein weltlicher Lebenslauf: Als junger Mann verließ er das elterliche Gut in der Bretagne und studierte erst Rechtswissenschaft an der Pariser Sorbonne und kanonisches Recht in Orléans. Anschließend wirkte er als Anwalt, Richter und Priester. Mit Anfang 30 wurde er vom Bischof von Tréguier zu dessen Offizial ernannt und übte diese kirchliche Richteramt, das aufgrund der damaligen Stellung der Kirche auch deutlich ins bürgerliche Leben wirkte, mit Mut und Unbestechlichkeit aus. Im Jahr 1285 wurde er zudem Pfarrer.

Später zog er sich auf das väterliche Landgut in Kermartin zurück. Dort erwarb er sich einen Ruf als Anwalt der Armen und Hilflosen, denen er in Prozessen als Anwalt ohne Bezahlung zur Seite stand. Neben seinem Sinn für Gerechtigkeit trugen zudem seine Bescheidenheit und seine Mildtätigkeit zu seinem guten Ruf bei.

Gerade einmal 44 Jahre nach seinem Tod wird er von Papst Clemens VI. heilig gesprochen. Zu den bewiesenen Wundern gehören u.a. eine „Brotvermehrung mit Hilfe einer Zwergin“, die Spende seiner Kutte, die er später „wunderbarerweise wiedererlangte“ und die „Austreibung eines Dämons“. (für weitere Details siehe „Papsturkunde und Heiligsprechung“, Otfried Kraft) In der Folge steigt Ivo europaweit nicht nur zum Patron der Richter und Anwälte auf, sondern des gesamten Juristenstandes. Weitere Schutzpatronate übt er zudem für Pfarrer und Priester, Arme, Waisen und Drechsler aus.

Heiliger mit eigenem Fachbuch

Wer noch tiefer in die Materie eindringen will: Vor zehn Jahren erschien das ihm gewidmete Buch St. Ivo (1247-1303): Schutzpatron der Richter und Anwälte (Köln, 2006). Auf rund 130 Seiten, aufgesplittet in drei Teile beleuchtet das Autorenduo Michael Streck und Annette Rieck den Heiligen: auf die historische Zeittafel zu den Lebensstationen folgen erst der diesseitige Werdegang als mittelalterlicher Jurist („Ein heiliger Jurist“) und der Wandel „von Ivo Hélory zum Heiligen Ivo“. Den Löwenanteil mit rund 50% der gesamten Seiten nimmt der dritte Teil „Unsterblichkeit“ ein. Hier werden u.a. das Heiligengrab als Gerichtsstätte, Ivos Weg nach Deutschland und das Ende des Ivo-Kults an deutschen Fakultäten skizziert.

Wer ein gut gepflegtes Archiv des Anwaltsblattes hat, findet zudem in den Jahrgängen 1985, 1995 und 2003 weitere Texte.

Fakten zum Heiligen

Darstellung

Ivo wird oft als Geistlicher, aber auch im Gewand eines Ritters dargestellt. Typische Utensilien sind Papierrolle, Schreibfeder und Buch.

Brauchtum

Vor allem in Frankreich, aber auch in Italien, Belgien sowie Brasilien finden sich Ivo-Bruderschaften, die Bedürftigen kostenlos juristischen Beistand leisten und damit dem Vorbild Ivos folgen. Zudem findet eine Wallfahrt zu seinem Grab in Frankreich statt.

An der Universität Trier wurde vom späten 15. Jahrhundert bis Ende des 18. Jahrhunderts Ivos Todestag der Dekan der juristischen Fakultät gewählt. Auch wenn dieser Brauch seitdem nicht mehr praktiziert wird, ist Ivo weiterhin fester Bestandteil des heutigen Fachbereichs Rechtswissenschaft: im fortgeführten Siegel der alten Jura-Fakultät.

Namen

Der Name leitet sich aus „(e)iwa“ ab, dem germanischen Wort für Eibe bzw. Bogen. Im althochdeutschen bedeutet der Name „der Bogenschütze“.

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